Regie: Matthias Kaschig
Bühne: Michael Böhler
Kostüm: Stefanie Klie
Musik: Michael Frei
Dramaturgie: Karla Mäder
Woyzeck Diego Valsecchi, Marie Anne Weinknecht, Tambourmajor Sebastian Edtbauer, Hauptmann Ernst C. Sigrist, Doktor Henriette Cejpek, Margreth Marianne Hamre, Andres Heiner Take Trompeter Jonathan Loosli Narr Stefano Wenk Kind Marius Morf
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Zum Start ein Triumph Matthias Kaschig sperrt Büchners reduziertes «Woyzeck»-Personal in ein Bühnenbild, aus dem es kein Entrinnen gibt. Auf dass es Angst, Hass, Begehren und Niederträchtigkeit herausschwitzt. Ein Entrinnen gibt es für keinen und keine. Da hocken sie alle fest in diesem riesigen Bretterverschlag und in ihrem Schicksal. Lauter Figuren, die sich manchmal so mechanisch bewegen, als hätte jemand ihr Räderwerk aufgezogen, auf dass sie loslegen mit ihrem Treiben, in die ausgelegten Fallen tappen und die Ausweglosigkeit triumphiert. (...) Zwar bewegen sich die Figuren zum Beginn noch mit der disziplinierten Energie von Spieldosenfiguren, doch die verhaltenen Dissonanzen bringen ihre innere Mechanik zum Knirschen. Ins Stocken und Stolpern geraten sie, bevor sie alle fallen – erschöpft, verbraucht, verloren. Die Musik hat auch keine Töne für die Wortlosigkeit zwischen Woyzeck und Marie, höchstens ein kurzes Ächzen. Frei und sein Orchester saugen vielmehr das Klaustrophobische von Kaschigs Deutung auf, lassen die Figuren unvermittelt und kaltblütig im Stich. Es ist diese beklemmende Dynamik, die bis zuletzt den Rhythmus der Inszenierung bestimmt und dem sich das Schauspielensemble mit Haut und Haar ausliefert. (...) Großartiges Ensemble (...) Obwohl der Woyzeck von Diego Valsecchi am Schluss buchstäblich in Blut badet, verliert er auch als Mörder seine verstörende Unschuld nicht. Mit schonungsloser Schnoddrigkeit schminkt sich Anne Weinknecht als Marie die Aussicht auf ein Glück ab, bereit, die Demütigungen und das Unglück auszuhalten, das die Leidenschaft nach sich zieht, die sie sich aller Vernunft zum Trotz leistet. Sebastian Edtbauer gelingt es, mit Zuckungen der Oberlippe und anderen kleinen Bewegungen einen grandios grossspurigen Tambourmajor zu skizzieren, dem irgendeinmal die Luft ausgehen muss. Der Trompeter (Jonathan Loosli), der Arzt (Henriette Cejpeck), der Hauptmann (Ernst C. Sigrist), die Nachbarin (Marianne Hamre) und Woyzecks Kumpel Andres (Heiner Take) – sie alle bewegen sich auf den Abgrund zu in jenem beklemmenden Gleichschritt von Soldaten, die ahnen, dass ihr Krieg nicht zu gewinnen ist. Und fast immer dabei ist das Kind. (beeindruckend: Marius Morf) (...) Neben dem Buben schafft nur der Narr den Ausbruch aus dem hölzernen Gefängnis. Visionär und verstört zeigt Stefano Wenk den erschrockenen Spassvogel, der alle Versehrten mit aufdringlicher Nähe heimsucht. Und mit seinem Irrlichtern diesem rundum gelungenen Reigen der Verdammten einen irritierenden Glanz verpasst.
Brigitta Niederhauser, Der Bund
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Die Musik geht an Herz, genau wie Woyzeks beklemmende Geschichte. (...) Unwiderstehlich und unverkennbar die rauen Songs von Tom Waits. Musik und Inszenierung wirken regelrecht hypnotisch und machen nachvollziehbar, warum das blutige Ende nahezu unausweichlich ist.
Kulturplatz, Schweizer Fernsehen